Marathon am Mount Focke im Mai 2016
– von Andreas Gelhaar –
Den Fockeberg für die Rennsteiglaufvorbereitung mal länger unter die Füße zu nehmen, das hatte ich in früheren Jahren schon mal gemacht. Zehn mal ist dabei das Maximum, was für eine Trainingseinheit im Lauftagebuch steht. Dass da auch mehr geht, dass hatte Katrin zu Helges Geburtstag kund getan. Auf immerhin 15 Mal hat sie es als Vorbereitung für den Rennsteig während eines Trainingslaufes gebracht. Das hatte mich auf die Idee gebracht, dieses doch mal zu toppen. Nicht mit 15+1, sondern gleich richtig: Marathon am Mount Focke, das wäre mal etwas. Während einer langen gemeinsamen Trainingseinheit mit Uwe um den Störmthaler See kommt er selbst auf das Thema, dass man doch mal etwas Bergtraining am Fockeberg machen könnte. Dass ich dabei allerdings die Marathondistanz auf dem Schirm habe, das hat er so nicht erwartet, aber auch nichts dagegen.
Erst zum Start am Sonntag darauf, nach einer für uns beide sehr straffen Himmelfahrtpartie, wird es ihm am Fuße des Mount Focke offenbar etwas mulmig: Wollen wir das wirklich machen, 21 Mal da hoch zu laufen? Da sich Uwe aber schon von der Stadtmühle aus über 6,5 km hier her eingelaufen, steht die Frage eigentlich nicht wirklich. In meinem Auto ist ein ausreichender Getränkevorrat gelagert und dann geht es um neun bei ca. 15 Grad Lufttemperatur und wolkenlosen Himmel los. Die Strecke hat heute unbestreitbare Vorteile gegenüber einer Seenumrundung, nämlich dass sie vielfach im Schatten verläuft. Die erste Bergaufpassage geht dann mit 6:17 min. noch etwas schleppend, man muss sich ja erst mal einrollen. Dann flutscht es aber ganz gut und gleichmäßig.
Wir sind nicht die Einzigen um diese Zeit. Läufer sind zwar kaum anzutreffen, aber Hundebesitzer. Nach der fünften Runde, also km 10, gibt’s den ersten Verpflegungsstopp. Wasser mit Apfelsaft, ich dazu einen Riegel. Die bisherigen Runden liegen immer so um die 11½ Minuten für die 2 km lange Auf- und Abstrecke, für mich sehr zufriedenstellend. Der erste Berg nach der Verpflegungspause fällt erwartungsgemäß etwas schwer, aber dann geht es wieder. Der heute heftige Wind, einige Male knirscht es ganz beträchtlich in den Baumkronen, wäre am See wahrscheinlich auch eher störend gewesen, hier kühlt er ganz angenehm. Ohne ihn wäre es, da sind wir beide uns einig, doch etwas zu warm geworden. Wir spulen die nächsten Runden ab und dann ist nach Runde 10 schon wieder Labsal am Getränkeauto angesagt. Dieses steht mittlerweile in der prallen Sonne, sodass ich es gleich erst mal in den Schatten fahre. Gestärkt durch Schorle, Gel und Riegel geht’s danach wieder auf den Kurs.
Die Halbmarathonmarke ist nach 2:01:45 h geschafft. Bei der Bergankunft von Runde 12
erwartet uns Ute auf dem Gipfel zu einem Fototermin. Da heißt es Brust straffen und ein cooles Gesicht aufsetzen. Ein Bild kommt sogleich in die Laufgruppenapp. Im Begleittext dazu steht aber auch geschrieben, dass wir insgesamt 21 Runden auf dem Plan haben. Nun ist unser Vorhaben publik, jetzt können wir gar nicht mehr anders als das Ding durchzuziehen.
Wir sind nun mittlerweile nicht mehr die einzigen Läufer, die hier mehrfach ihre Runden ziehen. Ein junger, lang aufgeschossener Läufer mit der Aufschrift SC DHfK / BMW auf dem Dress zieht in atemberaubender Schnelligkeit und Lockerheit seine Runden. Auf unsere Frage, wie viel mal er denn hier hoch und runter macht, kommt die Antwort: 1,5 Stunden. Über die Hälfte der Distanz im Kasten zu haben, das ist für den Kopf sehr gut, wenn es dadurch aber auch nicht einfacher wird. Wir beschließen die Verpflegungsintervalle zu verkürzen und nun bereits nach Runde 14 an die Tränke zu gehen. Das tut dann aber auch wirklich Not. Zum Glück habe ich einen ausreichenden Flüssigkeitsvorrat eingepackt, unser Durst ist schon beträchtlich. Uwe stellt mehrfach fest, dass das Rundenkarussell wider erwarten gar nicht langweilig ist. Stimmt, das empfinde ich auch so. Vielleicht liegt es auch an dem doch abwechslungsreichen Kurs, der uns serpentinenförmig nach oben und unten führt. Verpflegung Runde 18, das Ziel ist in Sicht. Noch drei Mal hier hoch, das ist überschaubar, das kriegen wir hin. Mittlerweile liegen große Abschnitte der Streckenführung in der prallen Sonne, aber es ist auszuhalten. Wir laufen bergan immer noch unseren Schnitt vom Anfang, sind also mit um die 6 Minuten für den Kilometer unterwegs. Beim letzten Berg ist es nun aber doch ganz deutlich in den Oberschenkeln zu spüren, dass wir schon einige Höhenmeter hinter uns haben. Ja und dann eine Runde vor Schluss der Blick auf die Uhr, da sieht es für eine Nettolaufzeit von unter vier Stunden gar nicht schlecht aus. Die letzte Bergabpassage wird angesichts dieser Perspektive auch mit 4:45 min. die schnellste von allen. Dann noch ein kurzes straffes Stück die Hardenbergstraße hinauf bis zur Brandvorwerkstraße, wo die Uhr 42,2 km und eine Laufzeit von 3:58:45 h anzeigt – na wenn das nichts ist. Am Auto geht’s dann an die letzten Getränkereserven.
Der Verbrauch ist heute bei zum Schluss 22 Grad schon beträchtlich: 5 mal ½ l Wasser, ½ l Cola und 1 ½ l Apfelsaft, also summa summarum 2,25 Liter für jeden von uns. Lediglich eine Flasche Wasser ist noch übrig – das war knapp. Und ich war nicht einmal im Busch, der Körper hat es also gebraucht. Das war doch heute mal eine Aktion: 945 Höhenmeter auf der Marathondistanz – der lange Rennsteig kann kommen! Uwe verzichtet dann auf den Rückweg per Beine, nimmt mein Angebot an und lässt sich von mir nach Hause kutschieren.
Andreas Gelhaar
SG LVB Leipzig
Laufgruppe Neue Linie