Traum oder Wirklichkeit?

– von Marc Werner –

Ein Tag nach dem unglaublichen Ereignis – ich gewinne den Leipzig Marathon 2016 – kann ich es immernoch nicht so ganz realisieren. Auch wenn ich noch immer keine Treppenstufe hoch- oder runterkomme ohne das Gesicht leicht zu verziehen, bin ich total happy. Ich weiss, dass ich viel Glück hatte, dass im Starterfeld kein so richtig schneller Läufer zugegen war. Aber Glück-Haben gehört einfach mal zum Leben dazu und ich habe die Gunst der Stunde genutzt  🙂 . An dieser Stelle wünsche ich einigen Top-Favoriten für 2016 wie Jakob Siller, Sebastian Nitsche und dem bei km 28 wegen Dehydrierung / Krämpfen ausgestiegenen Schwede – Gute Besserung. In Vorbereitung auf den Marathon habe ich die Umfänge drastisch gegenüber meinen 2 vorherigen Starts über 42,2km reduziert, da ich dieses Jahr noch einige sportliche Ziele erreichen wollte und nicht wieder angeschlagen an der Startlinie stehen wollte. Und so kam es, dass ich zwar ohne so großen zeitlichen Ambitionen, aber endlich mal verletzungsfrei an der Startlinie eines Marathons stand.

Leipzig Marathon - Start

Der Start war eher unspektakulär, locker eingerollt, habe ich nach 2km „Einlaufen“ allmählich die anvisierte Wettkampfpace erreicht. An meiner Seite Robert Klein, Per Bittner und meine Fahrradbegleitung, Motivator und Betreuer in einem Matthias Lappe. Vorne weg vor unserer 3er Gruppe lief ein unbekannter Läufer, der heute nichts anbrennen lassen wollte. Die erste Überraschung wartete auf der Prager Straße in Höhe der alten Messe auf uns. Ein heftiger Graupelschauer verwandelte die Frühlingslandshaft in ein kurzfristiges Winterkleid. Der Graupel in Verbindung mit dem böigen Wind hat meinen Oberschenkeln nicht wirklich gut getan, ein leichtes Ziehen war nun bereits zu Beginn des Rennens schon zu spüren. Glücklicherweise war das Ereignis nur ein Kurzes und außer leichtes unmotiviertes Gegraupel, sollte es bis zum Schluß trocken bleiben. Auf den Gegenwindpassagen hat unsere 3er Gruppe gut funktioniert und wir wechselten uns in der Führungsarbeit gut ab. Die Begleitfahrzeuge des Führenden waren immer in Sichtweite, also kam der Schwede nicht so richtig weg. 1:30min war so ungefähr der größte Vorsprung bei km 15 den er sich erarbeiten konnte. Die erste Runde (21,1km) haben wir dann auch in meinem anvisierten KM-Schnitt von 3:45 min fast zielgenau auch Dank der perfekten Zeitansagen von Matthias absolviert.

Gemeinsam mit Robert Klein und Per Bittner  Gemeinsam mit Robert Klein und Per Bittner

Auf der Prager Straße ist unsere Gruppe dann doch auseinander gefallen. Robert hat mit leichten Seitenstechen etwas Tempo rausgenommen. Auch zwischen mir und Per klaffte eine kleine Lücke. Aber jetzt schon alleine Laufen, wäre wohl Unklug gewesen. Tempo etwas gedrosselt, Per war schnell wieder dran und weiter gehts zu Zweit. Ab km 25 wurde dann der Abstand zum Führenden schnell kleiner. Unsere Motivation stieg mit jedem humorvollen Kommentar  😉 , der entweder von uns selbst kam oder vom Streckenrand zugerufen wurde. Und so freuten wir uns auf ein Überholmanöver bei km 28 – daraus wurde leider nichts. Kurz bevor wir ihn einholen konnten, stieg er krampfgeplagt aus.

Der bis km 28 führende Schwede

War es die Kälte? Falsche Taktik? Gesundheitliche Probleme? Bis km 32 motiviert von den vielen uns umgebenen Führungsfahrzeugen – ein unbeschreibliches Gefühl – waren wir nun ein Führungsduo. Ab der Zwickauer Straße (ca.km 32) tat sich eine kleine Lücke zwischen mir und Per auf, die langsam aber stetig wuchs. Die Oberschenkel meckerten zwar schon ganz ordentlich, es war aber noch halbwegs gut laufbar.

Mit Motivator Matthias Lappe

Die Pace blieb konstant….zumindest bis zum Schleußiger Weg. Dann ab km 35 wars vorbei mit „genussvollen“ Laufen, die Oberschenkel wollten nicht mehr, hingegen meine Waden unbeeindruckt und ohne Probleme, auch Dank der unterstützenden Wirkung meiner Kompressionsstrümpfen von Flugphase, ihre Arbeit verrichteten. Meine Arbeit war nun getan, ab jetzt musste Matthias ran  🙂 . Motivation, Taktikzurufe insbesondere musste er mich nun ausbremsen, so dass ich nicht noch in einen Krampf reinlaufe. So wurde ich langsamer und mit schmerzverzogenem Gesicht gings nun auf die letzten qualvollen Kilometer. Verging bis hierhin die Zeit relativ schnell, blieb die Zeit nun stehen. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichte ich den letzten Kilometer. Mein nun relativ langsames Tempo hat Per wieder näher heranlaufen lassen. Aber ab jetzt konnte ich wieder beschleunigen und die Angst vor dem Krampf schwindet. Nun begriff ich langsam, ich werde den Marathon gewinnen – keine tolle Zeit – aber…..wen interessiert das jetzt  🙂 . Innerlich vor Jubel schreiend, die Oberschenkel vor Schmerz schreiend lief ich getragen vom Jubel der Zuschauer ins Ziel. Ich war endlich im Ziel, ich war glücklich.

Glücklich im Ziel mit Per Bittner

Meine Freundin Diana Gruschka stand direkt im Ziel und umarmte mich sofort. Ihr und meinem Sohnemann gebührt natürlich der größte Dank für die mentale Unterstützung und Ihnen gehört somit ein großer Teil meines Erfolges. Matthias Lappe – Vielen Dank für die großartige Unterstützung über den gesamten Marathon, dir gehört ebenso ein Teil meines Erfolges. Danke an meine Begleiter Robert Klein und Per Bittner es hat viel Spass gemacht mit Euch zu laufen. Ich bin ehrlich, das ist und war er nun, der größte sportliche Erfolg in meinem Leben. Ein Cocktail aus Training, Ehrgeiz, Qual und eine gehörige Portion Glück haben diesen Traum ermöglicht……….

Am Ziel auf dem Podest - mit Per Bittner und Robert Klein